Staubiger, trockener Boden. Ein hoher Maschendrahtzaun umgibt ein verfallenes Haus. Alles von Wert und was noch zu gebrauchen war wurde entwendet. Weder Gegenwart noch Zukunft scheinen existent zu sein, nur das, was war. Allein die gelben Blumen zeugen vom Jetzt.
Geflohen vor dem Bürgerkrieg im eigenen Land, wurden die angolanischen Männer in den Flüchtlingslagern von Namibia vor die Wahl gestellt, zurückzukehren oder sich dem Militär der Apartheid-Regierung Südafrikas anzuschließen. Da die Umkehr keine Option war, verpflichtete man die Soldaten dazu, innerhalb eines Monats eine ebenfalls geflüchtete Angolanerin zu heiraten, um mit ihr eine Familie zu gründen. Ihr Bataillon, das 32., auch „Büffel-Bataillon“ genannt, wurde im Kampf gegen die nach Unabhängigkeit strebenden Namibier*innen und Angolaner*innen eingesetzt. Mit dem Ende des Kalten Krieges und der nahenden Unabhängigkeit Namibias versetzte man die Soldaten 1989 nach Pomfret in der Kalahari-Wüste im Nordwesten Südafrikas. Nun wurden sie gegen das zunehmende Aufbegehren der Aktivist*innen in den Townships eingesetzt. 1993, kurz vor dem offiziellen Ende der Apartheid, wurde das Bataillon aufgelöst und die ehemaligen Soldaten angehalten, vor Ort im Asbestabbau zu arbeiten. Im Jahr 2004 beschloss die südafrikanische Regierung, Pomfret abzureißen und die 5.000 Bewohner*innen umzusiedeln – angeblich wegen des asbestbedingten Gesundheitsrisikos, vermutlich jedoch eher aufgrund der Beteiligung einiger Söldner am Staatsstreich zum Sturz des Präsidenten von Äquatorialguinea. Die Polizeistation, das Krankenhaus, das Postamt und die Schwimmbäder wurden geschlossen, die Wasser- und Stromversorgung abgeschaltet. Doch man blieb trotzdem. Verachtet von allen, da immer gezwungen, auf der falschen Seite zu kämpfen, erschien die Isolation, das Leben in der Portugiesisch sprechenden Community, die einzige Form. Lange entwurzelt, gerade Fuß gefasst, war ein Wegzug nicht gangbar. Noch heute leben etwa 1.000 Menschen in Pomfret.
Das ist eine Ausstellung mit Kunst-Werken von Helena Uambembe.
Die Ausstellung hat den Titel Blooming in Stasis 25.8230° S, 23.5312° E.
Das spricht man so: Bluming in Stäsis.
Der Titel bedeutet: Blühender Stillstand.
Blühen steht für Veränderung und Leben.
Stillstand steht für Stau und keine Veränderung.
Die Zahlen im Titel sind Koordinaten.
Das sind Zahlen, mit denen man einen Ort ganz genau bestimmen kann.
Damit kann man einen Stand-Ort genau finden.
Die Zahlen im Titel sind die Zahlen für die Stadt Pomfret in Süd-Afrika.
Der Boden ist staubig und trocken.
Ein hoher Zaun aus Maschen-Draht zieht sich um ein Haus.
Das Haus ist alt und kaputt.
Alle wertvollen Gegenstände sind weg.
Jemand hat sie weg-genommen.
Hier gibt es scheinbar kein Heute und kein Später.
Hier gibt es keine Zukunft.
Hier gibt es nur das, was übrig ist.
Nur die gelben Blumen erzählen vom Jetzt.
Hier geht es um die Geschichte von ehemaligen Soldaten.
Es geht um Kriege und Verbrechen im Süden von Afrika.
Angola ist ein Land in Afrika.
In Angola war früher Bürger-Krieg.
So nennt man einen Krieg von verschiedenen Gruppen in einem Land.
Es ist kein Krieg, bei dem verschiedene Länder gegeneinander kämpfen.
Viele Menschen aus Angola haben damals ihr Land verlassen.
Sie hatten Angst vor dem Krieg.
Sie sind in das Nachbar-Land Namibia geflohen.
Dort kamen sie in ein Lager.
Und sie mussten sich entscheiden:
— Sie gehen zurück nach Angola.
— Oder Sie kämpfen als Soldaten in der Armee von Süd-Afrika.
Die meisten Männer wollten und konnten nicht nach Angola zurück.
Also wurden sie Soldaten.
Sie haben für Süd-Afrika gekämpft:
Weil Namibia damals von Süd-Afrika besetzt wurde.
Die Soldaten mussten eine Familie gründen.
Sie mussten innerhalb von einem Monat heiraten.
Die Frau musste auch aus Angola sein.
Sie waren auch vor dem Krieg geflohen.
In Süd-Afrika hatten früher nicht alle Menschen die gleichen Rechte.
Diese Politik nannte man Apartheid.
Das Wort Apartheid bedeutet Trennung.
Die Gesellschaft in Süd-Afrika wurde nach Haut-Farben getrennt.
Schwarze Menschen hatten kaum Rechte und viele Nachteile.
Sie wurden ausgegrenzt.
Obwohl es in Süd-Afrika mehr Schwarze Menschen
als weiße Menschen gibt.
Die Apartheid-Regierung gab es vom Beginn
des 20. Jahrhunderts bis Anfang der 1990er Jahre.
Die Soldaten mussten für Süd-Afrika
gegen Namibia und Angola kämpfen.
Sie mussten gegen die Freiheits-Bewegungen
von Namibia und Angola kämpfen.
Es gab Krieg zwischen:
—Süd-Afrika und Namibia.
—Süd-Afrika und Angola.
Weil Namibia und Angola frei sein wollten.
Dann kam das Jahr 1989.
Der Kalte Krieg war vorbei.
Ein Kalter Krieg ist ein Kampf ohne Schlacht.
So hieß früher der Kampf zwischen 2 politischen Richtungen.
Nach dem Zweiten Welt-Krieg gab es Kalten Krieg zwischen Ländern
im Osten und den Ländern im Westen.
Die Länder im Westen standen für den Kapitalismus.
Das ist eine Art, wie eine Gesellschaft zusammen-lebt.
Firmen und Betriebe gehören einzelnen Personen und
selten dem Staat.
Firmen stellen Dinge her, die viele Menschen
brauchen und wollen.
So verdienen Firmen-Besitzer und -Besitzerinnen ihr Geld.
Damit konnten sie neue Maschinen erfinden, kaufen
und neue Ideen ausprobieren.
Die Arbeiter und Arbeiterinnen haben in den Firmen
wenig Geld verdient.
Sie hatten weniger Möglichkeiten im Leben.
Die Länder im Osten standen für den Sozialismus.
Das ist eine bestimmte Idee vom Zusammen-Leben
in der Gesellschaft.
Dem Staat gehören die Firmen und Betriebe.
Dort muss nicht viel Geld verdient werden.
Weil Geld nicht so wichtig ist.
So sind 2 verschiedene Gesellschaften entstanden.
Im Kapitalismus haben wenige Menschen
viel Geld und meist viel Macht.
Im Sozialismus ist der einzelne Mensch nicht so wichtig.
Es ist wichtiger:
Allen Menschen geht es gleich gut.
Dieser Kalte Krieg betraf auch Länder in Afrika.
Manche Länder waren für die Politik im Osten und
für den Sozialismus.
Manche Länder waren für die Politik im Westen und
für den Kapitalismus.
Das wichtigste Land auf der Ost-Seite war die Sowjet-Union.
Heute ist das zum großen Teil Russland.
Früher gehörten auch andere Länder dazu.
1991 war das Ende von der Sowjet-Union.
Damit war auch der Kalte Krieg zu Ende.
Schon 1989 wurden die Soldaten weg-geschickt.
Denn man hatte erkannt:
Namibia wird wahrscheinlich bald ein freies Land sein.
Man kann die Freiheits-Bewegung nicht weiter bekämpfen.
Die Soldaten aus Angola wurden nach Pomfret geschickt.
Das ist eine Stadt in einer Wüste.
Sie ist im Nord-Westen von Süd-Afrika.
Gleichzeitig bekamen die Soldaten neue Aufgaben.
Sie wurden gegen die Schwarze Bevölkerung
von Süd-Afrika eingesetzt.
Immer mehr Menschen waren gegen die Trennung
in weiße und Schwarze Menschen.
Schwarze Menschen wollten die gleichen Rechte haben
wie alle Menschen.
Deshalb haben sie auf den Straßen demonstriert.
1993 wurde die Einheit von den Soldaten aus Angola aufgelöst.
Das war kurz vor dem Ende von der Apartheid-Regierung
in Süd-Afrika.
Die ehemaligen Soldaten mussten nun in einem
Berg-Werk arbeiten.
In dem Berg-Werk wurde Asbest abgebaut.
Das ist Material zum Bauen.
Es wurde zum Beispiel benutzt für:
—Dächer.
—Rohre.
—Böden.
Man holt es aus der Erde.
Später hat man gemerkt:
Asbest ist giftig.
Im Jahr 2004 hat die Regierung von Süd-Afrika beschlossen:
Die Stadt Pomfret wird abgerissen.
Die 5.000 Bewohner und Bewohnerinnen mussten umziehen.
Viele Gebäude wurden geschlossen.
Zum Beispiel:
—Die Polizei-Station.
—Das Kranken-Haus.
—Die Post.
—Schwimm-Bäder.
Es gab keinen Strom mehr.
Es gab auch kein Wasser mehr.
Viele Menschen sind trotzdem geblieben.
Denn sie wussten, dass viele um sie herum sie nicht mochten.
Weil sie gegen andere Menschen gekämpft haben.
Auch wenn sie das gegen ihren eigenen Willen gemacht haben.
Sie hatten kein anderes Zuhause mehr.
Die ehemaligen Soldaten und ihre Familien haben
eine gemeinsame Sprache.
Sie sprechen Portugiesisch:
Weil diese Sprache in Angola gesprochen wird.
Die gemeinsame Sprache verbindet die Menschen.
Der Ort in der Wüste ist für viele nun mehr Zuhause als Angola.
Sie können nicht zurück-gehen.
Heute leben immer noch etwa 1.000 Menschen in Pomfret.
Helena Uambembe hat dieses Kunst-Werk
für das ZOLLAMTMMK gemacht.
Es ist ihre 1. Ausstellung in einem Museum außerhalb von Afrika.
Es ist ein Kunst-Werk, das einen ganzen Raum füllt.
Helena Uambembe wurde 2022 mit einem wichtigen Kunst-Preis
ausgezeichnet: dem Baloise Kunst-Preis.