Mit Werken von Cao Fei, Richard Mosse und Paulo Nazareth nimmt die Ausstellung EXTREME. NOMADS Formen nomadischer Existenz in den Blick, die durch politische und ökonomische Entwicklungen unserer Zeit bedingt sind. Extrem sind nicht nur die individuellen und gesellschaftlichen Folgen der Globalisierung, welche die von drei Kontinenten stammenden Künstlerinnen und Künstler untersuchen. Auch ihre künstlerischen Strategien erweisen sich als Grenzgänge.
Cao Fei (*1978 CN) verarbeitet in ihren Werken die tiefgreifenden Veränderungen, die ihr Heimatland China im Zuge des wirtschaftlichen Wachstums unterläuft. Inspiriert von US-amerikanischen Zombiefilmen präsentiert die Künstlerin mit Haze and Fog das fiktive Porträt einer unter Identitätsverlust leidenden Dienstleistungsgesellschaft und verwandelt eine der neu erbauten Wohnsiedlungen Beijings in einen Hort der rastlosen Untoten. Als 46-minütiger Spielfilm und fotografische Serie angelegt, erzählt Cao Feis Werk von einem rigiden Klassensystem, in dem wenige wohlhabende Konsumenten auf ein uniformiertes Heer aus Putzkräften, Lieferanten, Maklern, Hausangestellten und Prostituierten zurückgreifen. Scheint sich der Titel Haze and Fog zunächst auf die Luftverschmutzung Beijings zu beziehen, stellt sich der Nebel im Verlauf als Geisteszustand heraus.
Richard Mosse (*1980 IE/US) arbeitet an der Schnittstelle von künstlerischer Produktion und journalistischer Reportage. In seinen Arbeiten konfrontiert Mosse die Betrachter mit militärischen Bildtechnologien, die er entgegen ihrer ursprünglichen Funktion zugunsten einer neuen dokumentarischen Form verwendet. Seine jüngsten Werke Incoming und The Castle reagieren unmittelbar auf die Fluchtbewegungen in Europa, dem Mittleren Osten und Nordafrika — der größten Migration seit dem Zweiten Weltkrieg. Während die Filminstallation Incoming, die in Zusammenarbeit mit dem Komponisten Ben Frost und dem Kameramann Trevor Tweeten enstand, die Wege von Geflüchteten dokumentiert, macht die fotografische Bildergruppe The Castle die Lebensbedingungen in den Unterkünften sichtbar. Für beide Serien nutzte Mosse eine militärische Überwachungskamera, die Wärmestrahlung über eine Distanz von 30,3 Kilometern messen kann.
Paulo Nazareth (*1977 BR) hat das Laufen zum Ausgangspunkt seiner künstlerischen Praxis erklärt. Seine Herkunft als Brasilianer mit indigenen und afrikanischen Wurzeln thematisierend, durchquert er zu Fuß und auf sich allein gestellt ganze Länder und Kontinente. Die auf seinem Weg entstehenden fotografischen und filmischen Serien, Schriftstücke sowie von ihm gefundene Objekte erzählen von den Begegnungen und Randgeschichten seiner Reisen, von Verständigung und Widerständen, kolonialer Geschichte und globaler Gegenwart. Jenseits von Landesgrenzen spannt Nazareth ein Netz zwischen Individuen und Gemeinschaften und stellt dem Konzept der Nationalstaatlichkeit Spuren transkultureller Verbindungen und Aneignungen gegenüber.