„You don’t need to be fixed, my queens—it’s the world that needs the fixing.“
—Johanna Hedva
In einer Welt, die auf permanente körperliche Funktionalität, Mobilität und Verfügbarkeit und deren stetige Steigerung baut, führt jegliche Form von Dysfunktionalität zum unmittelbaren Ausschluss oder wird als behandlungsbedürftig erklärt. Die Gewalt, die in normativen Körpervorstellungen und somit in Bildung, Arbeit, Architektur, Medizin und Pharmakologie liegt, ist folgenschwer. Fortwährend werden Menschen durch gesellschaftliche Barrieren beeinträchtigt und behindert. Zugänglichkeit aber ist die Grundlage von Teilhabe und Gerechtigkeit. Krankheit ist keine individuelle Angelegenheit, sondern eine kollektive gesellschaftliche. Gesundheit nicht nur ein medizinisches Terrain, sondern auch ein politisches, das von sozialen Machtverhältnissen bestimmt wird.
Individuelle Autonomie ist ein Mythos. Unsere gegenseitige Abhängigkeit anzuerkennen ermöglicht uns hingegen, zu einem neuen Denken von Gesellschaft zu gelangen. Anstelle einer ständigen Verfügbarkeit geht die Idee von crip time von multiplen Bedürfnissen aus. Veränderte Zeitlichkeiten können entstehen, neue Formen der Fürsorge und Verbundenheit entwickelt und ein anderes Denken und Wahrnehmen eröffnet werden.
Es gilt, die Verletzlichkeit unserer Körper als etwas uns Konstituierendes zu begreifen. Denn erst unsere Verletzlichkeit macht uns zu sensiblen, wahrnehmenden und verschiedenen Menschen.
Informationen in DGS
Ausstellungsfilm
Johanna Hedva hat einmal gesagt:
Ihr müsst nicht repariert werden, meine Königinnen.
Die Welt muss repariert werden.
Unsere Welt ist so eingestellt:
— Alle Sachen und alle Menschen müssen funktionieren.
— Körper sollen gesund sein.
— Alle sind beweglich.
— Alle können überall sein und alles machen.
Und alles kann immer noch besser gemacht werden.
Oder noch schneller.
Wenn etwas oder jemand anders ist oder etwas nicht so klappt:
Dann ist eine Behandlung notwendig.
Damit alles wieder klappt.
Wenn ein Mensch nicht funktioniert:
Dann bedeutet das Aus-Grenzung.
Die Person ist nicht dabei.
Eine Sache wird nicht benutzt.
Es gibt Regeln in verschiedenen Lebens-Bereichen:
— Lernen und Forschen
— Arbeit
— Bauen
— Medizin
Diese Regeln helfen.
Aber sie bedeuten auch Gewalt an Menschen.
Denn wenn Menschen nicht zu den Regeln passen:
Dann werden aus Regeln auch Barrieren.
Barrieren behindern Menschen.
Menschen werden aus-gegrenzt.
Sie können bei einer Veranstaltung nicht mit-machen.
Sie können einen Ort nicht besuchen.
Sie können einen Dienst oder ein Fahrzeug nicht benutzen.
Für Teilhabe und Gerechtigkeit ist es wichtig:
Alle können etwas gleich gut machen oder benutzen.
Alle Menschen sind gleich viel wert.
Krankheit ist nicht die Sache von einer einzelnen Person.
Krankheit ist eine Sache von der ganzen Gesellschaft.
Gesundheit ist nicht nur ein Thema für Experten und Expertinnen
in diesem Bereich.
Gesundheit ist ein politisches Thema.
Dabei geht es um alle Menschen.
Kein Mensch lebt ganz allein.
Kein Mensch entscheidet nur für sich.
Wir leben alle zusammen in einer Gesellschaft.
Wir brauchen uns gegenseitig.
Wenn wir das lernen:
Dann verändert sich das Denken.
Dann verändert sich unsere Gesellschaft.
Wir müssen lernen:
Jeder Mensch braucht andere Dinge im Leben.
Es gibt viele verschiedene Wünsche von Menschen.
Darum geht es in dieser Ausstellung.
Und es geht um eine andere Bedeutung von Zeit.
Wir brauchen neue Ideen dafür:
—Wie kümmern wir uns umeinander?
— Wie werden wir eine Gemeinschaft?
—Wie sehen wir uns gegenseitig?
Wir sind alle verletzlich.
Und wenn wir verstehen, dass wir alle verletzlich sind:
Dann können wir uns verändern.
Dann können wir zu anderen Menschen werden.
Dann können wir einander besser verstehen.